Lebensqualität in der Stadt Leimen
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Informationen für den Bauherrn in Überschwemmungsgebieten
In Einzelfällen kann für Bauvorhaben in Überschwemmungsgebieten eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 78 Abs. 5 WHG erfüllt sind.
Zur Prüfung ob diese Voraussetzungen vorliegen sind vom Antragsteller neben den üblichen Bauantragsunterlagen vor allem alle verfügbaren Informationen zur Hochwassergefährdung in den Bauunterlagen (Plänen, Erläuterungen) darzustellen.
Dazu gehören (Höhenangaben jeweils in müNHN):
- Lage des Bauwerks in Bezug auf das HQ100 (gemäß Hochwassergefahrenkarte und per Rechtsverordnung festgesetztem Überschwemmungsgebiet), Einarbeitung des Überschwemmungsgebiets nach HW-Gefahrenkarte in den amtlichen Lageplan
- Höhenangaben für das bestehende und geplante Gelände, Straßenhöhen
- Höhenangaben für das HQ100 in Schnitten und Ansichten des Bauvorhabens sowie des bestehenden und geplanten Geländes
- Angabe der Höhe des höchsten gemessenen Grundwasserspiegels und dessen Darstellung in Schnitten und Ansichten
- Höhenangaben für die Oberkante der Geschossfußböden (in müNHN sowie in Bezug zum HQ100).
- Bei Tiefgaragen sind mindestens die Höhen der Rampenoberkante für das Abfahrtspodest sowie der unterhalb des HQ100 liegenden Parkflächen anzugeben.
- Ermittlung und Darstellung des ggf. verloren gehenden Hochwasserrückhalteraumes.
- Darstellung und Erläuterung des Ausgleichs für den verloren gehenden Rückhalteraum.
- Auswirkungen auf den Wasserstand und den Wasserabfluss. (Nach § 78 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchstb. b) WHG darf der Wasserstand und -abfluss nicht nachteilig durch das Vorhaben verändert werden.)
- Das Bauvorhaben darf den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigen (§ 78 Abs.5 Satz 1 Nr.1 Buchstb.c WHG) .
Die Punkte 1-10 müssen grundsätzlich durch ein wasserrechtliches Gutachten eines Ingenieurbüros für Wasserbau nachgewiesen werden.
Sollte der Bauherr wünschen, dass dieses Gutachten Angaben zum hochwasserangepassten Bauen enthält, diese Aussagen also nicht vom Entwurfsverfasser kommen, sind die unter den nachfolgend angegebenen Punkte 1-10 detailliert zu erläutern.
Anforderungen ans Bauen
Der Bauherr hat grundsätzlich die Möglichkeit zwischen 3 Strategien zu wählen:
- Ausweichen
- Widerstehen
- Nachgeben
Der Bauherr hat eine Beschreibung vorzulegen, welche Strategie er wählt.
Informationen zu den Strategien finden Sie in der Broschüre „Hochwasser-Risiko-bewusst planen und bauen). www.hochwasser.baden-wuerttemberg.de
Zu beachten sind die unter Punkt 1-10 gelisteten Anforderungen an das hochwasserangepasste Bauen
- Das Gebäude muss gegen Auftrieb und Unterspülung gesichert werden. Dies kann durch die eigene Gebäudelast oder eine zusätzliche Gründung erfolgen. Zu beachten ist auch die Sicherung separater Gebäudeteile, Tanks und Dämmplatten. Sollten Gebäudeteile zu Zwecken des Retentionsausgleichs geflutet werden, ist dies bei der Statik zu beachten. Der Statiker ist vom Bauherren zu informieren, dass das Gebäude im Überschwemmungsgebiet HQ 100 liegt und es hochwasserspezifische Anforderungen gibt.
- Bei Hochwasserereignissen ist in der Bauphase, wenn die Gebäudelasten noch gering sind, das Gebäude durch geeignete Maßnahmen, wie das Aufbringen schwerer Materialien als Flächenlast, gegen Hochwasser zu sichern.
- Die Gebäudeteile, die im Bereich einer möglichen Flutung liegen, sind aus hochwasserangepassten Baumaterialien zu fertigen. Geeignete Materialien sind z.B. der Tabelle „Hochwasserbeständige (Bau)Materialien“ in der Hochwasserschutzfibel des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zu entnehmen.
- Das Gebäude ist gem. DIN 18295 gegen drückendes Grundwasser zu sichern.
- Das Gebäude ist vor eindringendem Kanalisationswasser zu sichern. Entscheidend ist hier nicht die Rückstauebene (Höhe der Straßenoberkante an Anschlussstelle) sondern die Höhe des zu erwartenden Hochwasserstands.
- Das Gebäude ist gegen eindringendes Oberflächenwasser zu schützen. Möglichkeiten sind z. B. Dammbalkensysteme für notwendige Öffnungen, Schotts mit Profildichtungen, druckdichte Türen und Fenster sowie Sperrputze.
- Gebäudeteile die gezielt geflutet werden, müssen aus Baumaterialen bestehen, die größstmöglich dauerhafte Schäden verhindern. Die Flutung muss baulich sofort möglich sein, d.h. Flutungsöffnungen dürfen nicht durch undurchlässigen Materialien verschlossen werden.Vor diese Öffnungen muss ein Gitter angebracht werden, dass den Eintrag von Unrat verhindert, aber die Flutung ermöglicht. Es muss eine Möglichkeit vorgehalten werden das Wasser im Schadensfall abpumpen zu können.
- Elektrische Installationen, z.B. Stromverteilerkästen sind in den nicht vom Hochwasser betroffenen Geschossen zu installieren. In den vom Hochwasser betroffenen Bereichen sollten auch untergeordnete elektrische Installationen vermieden werden oder hoch über dem Fußboden angebracht werden. Die betreffenden Stromkreisläufe müssen getrennt abschaltbar bzw. gesichert werden.
- Heizungsanlagen sollten in den nicht vom Hochwasser getroffenen Geschossen installiert werden. Ist dies nicht möglich sollten sie so konstruiert sein, dass sie bei drohender Hochwassergefahr entweder schnell demontiert oder mit entsprechenden Schutzelementen gesichert werden können (Holzbrennstofflager wie Schnitzel oder Pellets und Gastanks). Ölheizungsanlagen sind grundsätzlich nicht zulässig.
- Die versiegelten Flächen im Überschwemmungsgebiet sind mit versickerungsfähigen Materialien auszubilden. Hierzu gehören z.B. Schotterrasen, Kies und Split, Spurwege, Rasengittersteine, Rasenfugenpflaster oder Rasenwaben.
Versickerungsfähiges Pflaster muss mindestens folgende Bedingungen erfüllen:
- mind. Versickerungsleistung von 1500 l/s und ha im Neuzustand
- mind. 270 l/s und ha nach 10-15 Jahren gemäß MVV
- Abflussbeiwert nicht mehr als dauerhaft 0,2
Entsprechende Nachweise sind beizufügen. Die Lieferscheine des verwendeten Steinsystems und Fugenmaterials sind aufzubewahren und auf Verlangen vorzulegen.