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Der Königlich Bayrische Bankier Simon von Eichthal
Simon ist der jüngste der fünf Söhne des Aron Elias Seligmann aus Leimen. Er wurde am 11. August 1787 in Leimen geboren. Seine frühe Kindheit hat er in Leimen und in Mannheim verbracht. 1809 heiratete er seine fast gleichaltrige Nichte Julie Mayer, die Tochter des kurpfälzischen Hoffaktors Ignaz Mayer aus Mannheim. Aus dieser Ehe gingen sieben Kinder hervor, wovon der zweite Sohn Karl, der mit der Gräfin Isabella Khuen von Belasi verheiratet war, besonders erwähnenswert erscheint.
Simon Aron folgte dem Ruf seines Vaters, der seit 1799 in München als Heereslieferant der bayrischen Truppen und als Staatsfinanzier seinen Geschäften nachging. Am 22. September 1814 wurde der Oberhoffaktor und Königlich Bayrische Bankier Aron Elias Seligmann und seine Kinder vom König in den erblichen Freiherrenstand nach dem Gute Eichthal erhoben, also auch Simon. Am 18. Januar 1816 ließ sich Simon mit seiner Frau Julie und den drei Kindern in St. Michael zu Berg am Laim katholisch taufen. Bei der Taufe nahm er zusätzlich den Namen Leonhard an.
Simon trat in das Bankhaus seines Vaters ein. Bereits 1813 erwarb er das zum Verkauf ausgeschriebene Klostergut Ebersberg gegen eine starke Konkurrenz. Nach dem Tode seines Vaters, der am 11. Januar 1824 auf dem Gut Ebersberg verstarb, führte er nicht nur das Münchner Bürgerhaus weiter; er wandte sich, offenbar angespornt von seinem unternehmerischen Bruder David in Karlsruhe, auch der aufkeimenden Industrie in Bayern zu. Sein ebenfalls älterer Bruder Bernhard, Finanzrat der Bayrischen Regierung, war dem industriellen Fortschritt seiner Zeit sehr aufgeschlossen. Seine Haltung trug dazu bei, dass Simon am industriellen Aufbau Bayerns mitwirkte. Er beteiligte sich an der Lederfabrik und an der Mühle in Obergiesing, am Kohleabbau in Penzberg und an der Tafelglasfabrik Nantesbuch bei Weilheim. Im väterlichen Bankhaus betrieb Simon von Eichthal auch das Geschäft für Mobiliar-Feuerversicherungen und war Generalagent der französischen Versicherungsgesellschaft „Compagnie Royal“.
1832 vermittelte er eine Staatsanleihe in Höhe von 60 Millionen Franken an Griechenland unter König Otto, der ihm daraufhin 1835 das Groß-Komtur-Kreuz des Erlöserordens verlieh. Bereits 1832 erhielt der Königlich Bayrische Hofbankier vom König das Ritterkreuz des königlichen Zivil-Verdienst-Ordens. Nach 1835, dem Jahr des ersten Eisenbahnbaus in Deutschland, schloss er sich mit Augsburger Handelshäusern zusammen, um den Bau einer Eisenbahnstrecke Augsburg-München zu finanzieren. Er wurde 1837 Vorsitzender des Verwaltungsrates der Eisenbahn-Aktiengesellschaft. 1840 wurde die Bahn eröffnet und bereits vier Jahre später danach an den Staat Bayern verkauft.
Seine herausragende Lebensleistung und sein Verdienst liegt in der Initiative und der Gründung der Bayrischen Hypotheken- und Wechselbank im Jahre 1835. Diese Bank „ist eine, von einer Privat-Gesellschaft gegründete, unter dem Schutze und der fortwährenden Oberaufsicht der Staatsregierung stehende Anstalt“ zum Zwecke der Deckung des Kreditbedarfs der Landwirtschaft und des Gewerbes. Die Bank hatte außerdem „das ausschließliche Privilegium, Banknoten auf den Inhaber (au porteur) in Umlauf zu setzen, deren Betrag nicht unter zehn Gulden sein soll“. Nach den Befreiungskriegen waren die Bauern und Handwerker in eine doppelte Notlage gekommen; viele waren verschuldet und benötigten Geld. Wucherer machten sich oft diese Lage zunutze und schossen den Bauern das Geld vor, um es dann im ungünstigsten Zeitpunkt zurückzufordern. Immer mehr Höfe fielen solchen „Bauernlegern“ in die Hände.
König Ludwig I. veranlasste daher, eine unter staatlicher Aufsicht stehende Kreditbank ins Leben zu rufen. Simon Freiherr von Eichthal war offenbar der führende Mann bei der schwierigen Gründung der Bayrischen Hypotheken- und Wechselbank. Als Hauptaktionär war er mit 3,3 Millionen Gulden, ca. einem Drittel des Grundkapitals, beteiligt. Bis zum Jahre 1850 war er deren Direktor und bestimmte wesentlich die Geschäftspolitik der Bank. Die erste Emission der 10-Gulden-Note der Bank wurde ab November 1836 ausgegeben. Der Druck erfolgte unter Aufsicht des Eisenbahnpioniers Joseph Anton von Maffei aus Sicherheitsgründen in der technischen Abteilung der Bank. Bereits 1842 tauchten in Kaufbeuren und Bad Tölz schlecht gemachte Fälschungen auf. In einem Bericht von Simon von Eichthal an die Badische Regierung aus dem Jahre 1843 bekennt er: „Was menschliche Hände schaffen, kann von menschlichen Händen nachgeahmt werden“. Und bei der Herstellung von Banknoten führt er aus: „Eine der schwierigsten Aufgaben, so unbedeutend sie nach dem ersten Blicke erscheint, ist die Verfertigung der Banknoten, man hat Jahre des Fleißes und des Studiums darauf zu verwenden, bis man durch richtige und auf Erfahrung gegründete Grundsätze den besten Weg einschlägt, der zur größtmöglichen Sicherheit führt“. Die wichtigste Rolle spielte beim Banknotendruck die Papierherstellung, die damals noch durch Handschöpfen erfolgte. Die erste Emission der Zehn-Gulden-Banknoten wurde nach 1843 durch die Bank eingezogen. Nach dem Tod König Ludwigs I. 1868 legte sein Testamentsvollstrecker noch abgelaufene Banknoten vor , welche in einer Schublade im Arbeitszimmer des Königs lagen. Sie wurden von der Bank nicht mehr eingelöst!
Im öffentlichen Leben oblagen Simon von Eichthal Ehrenämter: Er war Landrat des Isarkreises, Vorstand des Verwaltungsausschusses des Münchner Handlungs-Gremiums und Gründungsmitglied der Münchner Industrie- und Handelskammer.
Simon von Eichthal war ein großer Kaufmäzen. Mit dem Bau des Bazargebäudes 1825/26 gelang es Leo von Klenze und König Ludwig I., die Westseite des Odeonsplatzes abzuschließen. Er stiftete hierzu den Investoren das Grundstück. Außerdem förderte er die Finanzierung der Hofgarten-Arkaden und die Malereien Carl Rottmanns. In seinem Haus in der Theatinerstraße 16, einem Ort geistiger Geselligkeit, traf man Künstler und Gelehrte. Zu ihnen zählten neben Klenze, Gärtner, Peter Heß, Joseph Görres, von der Tann, Kobell, Friedrich Wilhelm von Schelling, Schwanthaler, um nur einige zu nennen.
Ein besonders inniges Verhältnis bestand zu den Gebrüder Boisserée, die seit 1837 auch in der Liste der vierzig Höchstbeteiligten der Bayrischen Hypotheken- und Wechselbank erwähnt werden. Aus den Tagebuchaufzeichnungen des Sulpiz Boisserée gewinnen wir den Eindruck von dem vertraulichen Verhältnis der Brüder zu Simon von Eichthals Familie. Da war nicht allein von Essen bei Eichthal, Masken- und Kinderbällen sowie Besuchen am Krankenbett oder vom Christabend die Rede, sondern hier wurde auch Politik betrieben. Im Garten Eichthals bekannte Simon 1850 dem Sulpiz Boisserée seine politischen Anschauung: Nach Eichthals Ansicht bestünden „verrostete Vorurteile von der Allianz mit den Franzosen im südlichen Deutschland“ und ein „noch steter Aberglaube an die Unüberwindlichkeit der großen Nation“ Wie modern noch diese Gedanken heute anmuten!
Nach seinem Tod am 28. August 1854 in Ebersberg wurde das Bankhaus Aron Elias von Eichthal auf seinen Sohn Karl, der schon im väterlichen Bankhaus ausgebildet wurde, übergeleitet. 1858 gab er das Bankhaus auf und verkaufte es an seinen Prokuristen von Fröhlich. Er gehörte von 1868 bis 1871 dem sogenannten „Zollparlament“ an und wurde Gründungsmitglied der Bayrischen Vereinsbank. Die Verhandlungen fanden im Palais Eichthal statt. Hier brachte er das von seinem Prokuristen übernommene Bankhaus A. E. von Eichthal ein. Sein Palais diente auch vorrübergehend der Bank als Geschäftsraum. Damit ging das Münchner Privatbankhaus in der Bayrischen Vereinsbank auf, die vor kurzer Zeit mit der Bayrischen Hypotheken- und Wechselbank zur Hypo-Vereinsbank AG fusionierte. Auch Karl Freiherr von Eichthal beteiligte sich wie sein Vater am Ausbau der Bayrischen Eisenbahn. 1858 erhielt er den Königlichen Verdienst-Orden des heiligen Michael I. Klasse und zwei Jahre danach den Verdienst-Orden der Bayrischen Krone. Er starb am 03. Juli 1880 in München.